
BROKEN FATES VERLÄNGERTER EPILOG

Vale
Der Thronsaal sah nicht mehr so aus wie das letzte Mal, als ich mit einer Krone darin gestanden hatte.
Zu dieser Zeit hatten sich die Wände zu hoch und zu kalt angefühlt – bedrohlich statt einladend. Der Hof war halb leer gewesen, die Luft erfüllt von Zweifel und Angst. Bei der Zeremonie war es ums Überleben gegangen. Eine verzweifelte Beanspruchung, sowohl des Throns als auch voneinander. Ein Schlussstrich. Die Welt war dabei gewesen, um uns herum zu zerbröckeln, und dieser Moment war wie ein Schutzschild gewesen, den wir dagegen erhoben hatten.
Das hier … das war anders.
Der umgebaute Saal vibrierte von Musik und Magie, dem Summen der Macht und dem Luftstrom eines Königreichs, das endlich aufatmete. Von den Dachsparren hingen karmesinrote und goldene Banner, bestickt mit Symbolen für Flammen, Schicksal und träumende Sterne. Das Licht fiel durch die Buntglasfenster – neue –, von denen jede einzelne Scheibe ein lebhaftes Abbild unserer Reise darstellte. Die Schlacht am Wasserfall. Der Einsturz des Berges. Das Traumreich. Uns.
Die Bevölkerung hatte keine Angst mehr.
Sie standen Schulter an Schulter, Adlige und Bürgerliche gleichermaßen, Krieger und Ratsmitglieder – nicht nur um der Geschichte beizuwohnen, sondern um sie zu feiern. Sie wussten, wer wir waren. Was wir getan hatten. Und was wir verloren hatten, um hierherzugelangen.
Der Duft von Magie verweilte in der Luft, süß und elektrisierend.
Und dieses Mal war ich nicht allein.
Ich schritt den Gang zwischen den Reihen der versammelten Schaulustigen entlang, während die lange Schleppe meines Kleides hinter mir herfloss wie ein Fluss aus Mondlicht und Flammen. Der Stoff glänzte in schillerndem Silber und Rotgold, gewebt aus Fäden, die wie Glut leuchteten. Das Mieder schmiegte sich an mich wie eine Rüstung – elegant, mächtig – und war mit komplizierten Stickereien versehen, die die sich verändernden Linien des Traumreichs widerspiegelten. Es war nicht nur ein Kleid.
Es war eine Krone in Form von Stoff.
Ein Symbol dafür, zu wem ich geworden war.
Idris war zu meiner Rechten, strahlend und ruhig, das Licht des Feuers tanzte über seine goldene Rüstung, die mit karmesinrotem Samt verziert war. Sein Blick war unerschütterlich, erfüllt von Hitze, Stolz und Liebe, die so tief saß, dass sie jede Ecke des Raumes erfasste. Die goldene Flamme legte sich wie ein Mantel aus Sonnenlicht um seine Schultern, und seine Anwesenheit gab mir Halt, so wie sie es schon immer getan hatte – glühend und warm, das Zentrum eines jeden Sturms.
Kian war zu meiner Linken, schmunzelnd, als wäre das hier eine Party und er kurz davor, mir das Rampenlicht zu stehlen. Sein Outfit war von schwarz geküsst und schimmerte opalfarben, jeder Faden flimmerte zwischen Farbe und Schatten hin und her, wie eine Illusion selbst. In seinen Augen funkelte der Schalk, aber ich kannte sein wahres Ich – er war hier, weil er mich liebte. Alles an mir.
Xavier vervollständigte unsere Reihe, ruhig und kühl in Mitternachtsblau und Silber, seine Anwesenheit war wie die Stille vor einem Atemzug. Sanft. Ruhig. Unerschütterlich. Seine Hand berührte meine und erdete mich, wie immer.
Freya stand etwas abseits, gekleidet in tiefem Granatrot, das Kinn süffisant in die Höhe gereckt, als würde sie jeden herausfordern wollen, auch nur zu versuchen, zu widersprechen. Sie erblickte mich und nickte knapp. Briar stand neben ihr, ihre Flügel fest zusammengefaltet, aber ein seltenes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Talek lehnte an einer Marmorsäule, die Arme verschränkt, die Augen verengt, als ob er versuchte, nicht beeindruckt auszusehen. Neben ihm war Nyrah, gekleidet in ein weiches, blassgoldenes Gewand, die Hände vor sich verschränkt, während ihr Leuchten gerade anfing, zurückzukehren.
Sie waren hier. Sie alle. Familie.
Ich hatte sie im Krieg geliebt. Ich hatte mich im Feuer für sie entschieden. Aber jetzt – jetzt beanspruchte ich sie im Frieden.
Die Hohepriesterin trat vor, ihre Stimme ertönte hell. »Wir haben uns hier nicht nur zur Vereinigung versammelt, sondern auch zur Anerkennung. Nicht nur der Königin und ihres Königs gegenüber, sondern auch denen, die an ihrer Seite gestanden haben – die an ihrer Seite geblutet, gekämpft und geliebt haben. Heute wird die Krone erweitert.«
Magie regte sich.
Sie erhob sich vom Boden, von den Anwesenden und von den Steinen selbst – angelockt von dem Band zwischen uns. Fäden aus Licht schlängelten sich um unsere Füße, Gold, Karmesin und Silberblau, ein lebendiger Wandteppich, der vor den Augen des Reiches gesponnen wurde.
Mein Licht. Idris’ Magie. Kians Illusionen. Xaviers Flammen.
Ich drehte mich zuerst zu Kian.
Er grinste, und sein Blick war schelmisch, aber als er sprach, war seine Stimme sanft. »Du hast dich nie als Königin gesehen«, sagte er und strich mir über die Wange. »Aber seit dem Moment, als du mich als stacheliges Arschloch beschimpft hast, beherrschst du jeden Zentimeter von mir.« Gelächter hallte durch die Menge. Er strich mir mit dem Daumen über meinen Kiefer. »Meine Magie ist dein. Mein Herz ist dein. Für immer.«
Das Band flammte auf, und seine Magie der Illusion hüllte uns in einen Schimmer aus Sternen und Heiterkeit.
Ich drehte mich zu Xavier.
Er trat näher heran und legte seine Hand in meine. »Du hast mehr als nur dieses Königreich gerettet«, sagte er leise. »Du hast mich daran erinnert, dass Liebe nicht schmerzhaft sein muss. Dass Loyalität keine Kette ist. Dass ich wählen kann … und trotzdem vollständig bin.« Seine Stimme brach nur leicht. »Und ich wähle dich. Immer.«
Die Magie pulsierte und fädelte sich wie gesponnenes Mondlicht durch die Luft.
Und schließlich, Idris.
Zuerst sprach er nicht – er streckte nur seine Hand aus und legte sie auf mein Herz, wo das Traumreich immer noch unter meiner Haut flüsterte.
»Ich dachte, das Schicksal hätte mich aufgegeben«, sagte er. »Aber stattdessen hat es einfach nur auf dich gewartet.« Sein Feuer loderte zwischen uns, seine Berührung war ein aus Gold geschmiedetes Versprechen. »Ich würde eher die Welt niederbrennen, bevor ich zulasse, dass dir jemals wieder etwas zustößt. Du bist mein. So wie ich dein bin.«
Der Raum glühte vor lauter Magie – unserer Magie.
Ich hob mein Kinn, das volle Gewicht meiner Krone drängte sich mir auf, nicht wie eine Last, sondern wie ein Symbol. »Verkündet es in der ganzen Welt«, sagte ich mit fester, deutlicher Stimme. »Credour wird nicht mehr von einem oder zwei Herrschern regiert. Sondern von vier. Gleichberechtigt. Auf ewig.«
Der Hof brach in Jubel aus.
Idris zog mich an sich, seine Lippen verschmolzen mit meinen zu einem Kuss, der die Luft in Brand setzte. Darauf folgte Kian, der mich in einen Kuss aus Hitze und Lachen zog. Xaviers Kuss kam als letzter – sanft, ehrfürchtig und doch voller Versprechen.
Die Menge schnappte nach Luft. Die Magie flammte erneut auf – dieses Mal sichtbar, hell und blendend. Der Hof hatte vielleicht einst Zweifel geäußert. Aber jetzt würden sie uns nie wieder infrage stellen.
Ich war ihre. Und sie waren mein.
Irgendwo in der Nähe des vorderen Teils der Menge stieß Freya einen leisen Pfiff aus. »Wird auch Zeit, dass es endlich offiziell ist«, murmelte sie gerade so laut, dass wir es hören konnten. »Ich hatte schon Angst, dass ich eingreifen muss.«
Talek stupste ihr mit einem übertriebenen Seufzer den Ellbogen in die Seite. »Ach, hör doch auf. Als ob du das Ganze nicht selbst mit einer Krone und einem Dolch geleitet hättest.«
»Das könnte ich immer noch«, antwortete Freya süß und warf sich die Haare über die Schulter, als wäre das Ganze von Anfang an ihre Idee gewesen.
Briar, strahlend in tiefem Smaragdgrün, stellte sich neben sie und hob stolz ihr Kinn, während sie sich die Tränen von den Wimpern blinzelte. Sie fing meinen Blick auf und nickte mir kurz zu.
Nyrah stand zwischen den beiden, mit winzigen juwelenbesetzten Sternen in ihre goldenen Haaren geflochten. Sie strahlte mich an, als wäre sie der Himmel selbst. Sie brauchte keine Magie, um außergewöhnlich zu sein.
Sie war ohnehin schon ein Teil von dem, was als Nächstes kam.
Später, nachdem das Fest in die Hallen übergegangen war, nachdem der letzte Trinkspruch und der letzte Segen gesprochen worden waren, schlichen wir uns davon.
In den Garten. In die Dunkelheit. Ineinander.
Die Nacht umhüllte uns, samtweich und mit Sternen übersät. Laternen schwebten gemächlich über uns und tauchten die Steinwege in goldenes Licht. Der Duft von Geißblatt und Jasmin lag in der Luft und vermischte sich mit den schwachen Spuren von Rauch und Magie, die noch immer durch die Steine des Palastes surrten.
Wir wanderten weiter, bis wir eine ruhige Bucht zwischen blühenden Bäumen und einem plätschernden Brunnen fanden – abgeschieden, versteckt, unter uns. Jemand hatte eine weiche Decke unter den Weinreben ausgebreitet, als hätte er gewusst, dass wir diesen Moment brauchen würden. Vielleicht war dem auch so. Vielleicht flüsterte das Traumreich sogar hier noch.
Kian ließ sich als Erster plumpsen und streckte sich auf den Kissen aus, als gehörte ihm die Welt. »Endlich«, murmelte er und zog mich neben sich nach unten. »Wenn noch ein Adliger versucht hätte, mir die Hand zu schütteln, hätte ich eine Vision vorgetäuscht, um abzuhauen.«
»Du hast keine Visionen«, stellte Xavier trocken klar und ließ sich mit einem zufriedenen Seufzer neben ihm nieder. »Am Ende würdest du noch das Wetter vorhersagen.«
Kian zuckte völlig unbeeindruckt mit den Schultern. »Ich hätte Regen angekündigt. Nur um die Party aufzulösen.«
Ich lehnte mich mit dem Rücken an Idris’ Brust, damit seine Wärme mich einhüllen konnte. Er umschlang mit den Armen meine Taille, sein Kinn ruhte leicht auf meiner Schulter. Seine Anwesenheit war beständig und erdend, der Rhythmus seines Atems synchronisierte sich mit meinem.
Xavier rutschte auf meine andere Seite, und seine Finger streiften meine, langsam und abwesend, als ob er auch jetzt nicht aufhören könnte, mich zu berühren. Er strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und ließ seine Hand dort verweilen, sein Blick war sanft und bewundernd.
Kian streckte sich, sein Fuß stieß gegen meinen, einen Arm hinter seinem Kopf abgewinkelt, als wäre er unter den Sternen zu Hause. »Wisst ihr«, sagte er gemächlich, »das könnte das erste Mal sein, dass wir alle einfach nur … atmen. Keine Feinde. Keine Flüche. Keine einstürzenden Berge.«
»Verhex das nicht«, murmelte Idris an meiner Haut, aber ich konnte das Lächeln in seiner Stimme hören.
Das Schweigen, das folgte, war nicht unangenehm oder schwer – es war erfüllt. Erfüllt von allem, was wir überlebt hatten. Allem, was wir aufgebaut hatten. Die Magie, die uns verband, pulsierte sanft zwischen uns, ruhig und gleichmäßig wie ein Herzschlag. Unserer.
Meine Brust pochte mit so vielen Emotionen, dass ich gar nicht wusste, wohin mit ihnen.
Frieden. Liebe. Zuhause.
»Seid ihr bereit für die Ewigkeit?«, fragte ich, die Worte kaum gehaucht.
Kian stützte sich auf einen Ellbogen, sein Grinsen war langsam und verrucht. »Nur wenn ich dich jede Sekunde davon ärgern darf.«
Xavier lachte, sein Daumen fuhr über meine Wange. »Das wird er wirklich tun. Vertrau mir.«
»Das will ich doch hoffen«, flüsterte ich.
Idris drückte mir einen Kuss in den Nacken, langsam und ehrfürchtig, dann beugte er sich vor, bis seine Stirn meine berührte. Seine Stimme war sanft – tiefer als ein Schwur, tiefer als ein Versprechen. »Wir waren immer bereit, meine Tapfere.«
Ich sah die drei an – meine Gefährten, mein Herz.
Und mit ihnen an meiner Seite war ich endlich zu Hause.